Was ist das Innere Kind in dir?
Wir leben in einem erwachsenen Körper und auch der größte Teil unserer Seele ist erwachsen. Doch ein Teil unseres Selbst ist immer noch ein Kind, bedürftig nach Geborgenheit und Liebe. Ist das innere Kind aufgrund einer schwierigen Vergangenheit verletzt, ist es für die psychische Gesundheit wichtig, dein inneres Kind zu heilen.
Faktenblock
- Die tiefsten Verletzungen erfahren wir meist in unserer Kindheit, denn nie wieder sind wir so verwundbar und so bedürftig.
- Jeder Mensch hat ein inneres Kind, wenngleich die wenigsten davon wissen.
- Der Schlüssel zum inneren Kind sind deine Emotionen.
- Das innere Kind heilen, heißt es anzunehmen und sorgsam mit ihm umzugehen.
- Die infantile Seite deiner Seele ist nicht nur durch Verletzungen zustande gekommen. Sie besteht auch aus schönen Erlebnissen.
Die Ursachen der Inneren-Kind-Verletzung
Kinder treten ihren Eltern als schutzlose Wesen entgegen. Sie sind abhängig von ihrer Fürsorge, Liebe und Geborgenheit. Jedes Kind verspürt das Bedürfnis nach Schutz, Nähe, körperlicher und seelischer Unversehrtheit und Anerkennung.
Werden diese Bedürfnisse gar nicht oder nur unzureichend befriedigt, hinterlässt das Spuren. Die bleiben bis in das Erwachsenenalter bestehen. Als Heranwachsender wurden wir verwundet und das tragen wir als verletztes inneres Kind in uns.
Selbst wenn wir erwachsen sind, sehnen wir uns nach dem, was wir als Kind schmerzlich vermisst haben. Meist suchen wir die Bedürfniserfüllung dann in Ersatzpersonen oder Ersatzhandlungen. Das sind zum Beispiel Freunde, Partner, Kinder, Pädagogen oder sogar Haustiere.
Auch Alkohol, Drogen oder ein ungesundes Essverhalten gehören dazu. In der Regel können diese tief sitzenden Sehnsüchte aber so nicht gestillt werden und es kommt zu neuen Verletzungen.
Aus diesem Grund lehnen wir unser inneres Kind irgendwann ab, weil es zu schmerzhaft für uns ist. Dennoch kommt der kindlich verletzte Anteil unserer Persönlichkeit immer wieder zum Vorschein. Meist passiert das in emotionalen Reaktionen auf die eigene Vergangenheit.
Das innere Kind agiert im Hintergrund
Altlasten aus der Kindheit können das seelische Gleichgewicht im Erwachsenenalter stören. Die Folge sind sich manifestierende Beziehungskonflikte oder Selbstwertprobleme.
Es kann sogar passieren, dass das innere Kind als Eigensaboteur in Erscheinung tritt. So gehen die Betroffenen immer dann auf Distanz, wenn sich eine Beziehung festigen möchte. Die Angst, sich auf einen Menschen so einzulassen, dass er einen wahrhaft verletzen könnte, ist zu groß.
Obwohl der Mensch in seinem erwachsenen Persönlichkeitsanteil eigentlich das Bedürfnis nach einer festen Beziehung hat, sabotiert das innere Kind die Umsetzung dieses Wunsches. Ebenso kann es sich in Bezug auf das Berufsleben auswirken. Vielleicht bist du in deinem Job nicht glücklich, er füllt dich nicht aus und macht dich unzufrieden.
Dennoch schaffst du es nicht, dich beruflich umzuorientieren. Typisch wäre dann, dass dein inneres Kind sich mit seinem Bedürfnis nach Sicherheit meldet und dich daran hindert, etwas Neues zu wagen. Es kann auch passieren, dass du statt erwachsen zu reagieren, typisch kindliche Impulse zeigst. Dazu gehören Trotzreaktionen, Scham, Angst oder beleidigt sein.
Bewusster und emphatischer Kontakt mit dem inneren Kind
Um mit seinem inneren Kind Frieden zu schließen, hilft es sich vorzustellen, dass das innere Kind ein reales Kind ist. Würdest du ein kleines Kind ablehnen, wenn es zu dir kommt und in den Arm genommen werden möchte? Hast du kein Mitleid mit diesem kleinen Wesen?
Versuche dich in deiner Kindheit vorzustellen. Automatisch wirst du in einen sensibleren Umgang mit dir selbst übergehen. Wichtig ist, dass du immer wieder bewusst mit dem inneren Kind in Kontakt trittst.
Es ist ein unterversorgter Teil deines Selbst, also beginne, dich um ihn zu kümmern. Erlöst du das innere Kind von seiner Bedürftigkeit, heißt das nicht, dass es verschwindet. Das soll es auch gar nicht, denn es kann auch sehr wertvoll sein, gewisse Dinge, wie ein Kind zu sehen.
Es hört aber auf, permanent seine Ansprüche anzumelden und damit dem Erwachsensein im Weg zu stehen.
Die Aussöhnung mit dem inneren Kind und der Kindheit
Keine Kindheit ist perfekt, irgendwo hinterlässt sie immer Narben. Auch wenn du deine Kindertage allgemein als glücklich bezeichnen würdest, gab es Verletzungen und Dinge, die nicht optimal gelaufen sind.
Dessen musst du dir auch nicht immer bewusst sein. Viele Menschen suchen psychotherapeutische Praxen auf und fallen aus allen Wolken, wenn ihre Probleme auf einmal mit der Kindheit begründet werden. Zur Aussöhnung mit dem inneren Kind trägt es bei, wenn du auch seine guten Seiten siehst.
Es gibt nicht nur Unerfülltes, sondern natürlich auch erfüllte Aspekte deiner Kindheit. Dein inneres Kind kommt nicht nur dann zum Vorschein, wenn es um Verletzungen geht, sondern zeigt sich auch in allerhand charakterlichen Schattierungen.
Dazu gehören:
- Unbeschwertheit,
- Fröhlichkeit,
- Albernheit,
- Verträumtheit,
- Neugier oder
- Kreativität.
Du weißt nun, dass manche dir unerklärlichen Emotionen keine Charakterschwäche, sondern eine Reaktion auf einen Mangel in deiner Kindheit sind. Mit dem Wissen und einer zugewandten Einstellung dem inneren Kind gegenüber, werden dir Beziehungen im Erwachsenenalter womöglich leichter fallen.
Dein inneres Kind hat eigentlich nur einen Wunsch: Es möchte von dir wahr- und angenommen werden. Ebenso möchte es liebevoll behandelt und ohne Wertung gehört werden. Merkst du etwas? Hier gibt es Parallelen zu einem realen Kind.
Dein inneres Kind ist nichts weiter als infantile Bedürfnisse, die in einem erwachsenen Menschen wohnen.
Kleine Kinder kommunizieren über ihre Emotionen, ebenso handhabt es dein inneres Kind. Das heißt zum Heilungsprozess der kindlichen Verletzungen gehört es auch dazu, dass du auf deine Gefühle achtgibst. Kein Gefühl kommt ohne Grund zum Vorschein, es steckt immer ein wichtiger Grund dahinter.
Versuche jedes einzelne Gefühl anzunehmen, möge es noch so infantil sein. Auch du wirst als Kind gelernt haben, dass es akzeptable und weniger anerkannte Gefühle gibt. Trotzphasen, Wutausbrüche und Heulanfälle wurden von Erwachsenen missbilligt, wenn nicht sogar bestraft.
Natürlich ist es wichtig, Kindern beizubringen, dass sie nicht in jeder Situation ihren Emotionen freien Lauf lassen können. Dennoch ist es essenziel, jedem seiner Gefühle einen Raum zu geben und sie nicht einfach zu ignorieren. Sonst sitzt du am Ende auf einem Berg voller unterdrückter Emotionen, welche dich überfordern.