Geben und Nehmen – wie funktioniert das Prinzip der Gegenseitigkeit?

Gegen und Nehmen im Leben

Gegenseitigkeit leben, das Geben und Nehmen Prinzip

Das ganze Leben besteht aus einem Geben und Nehmen. Hierbei handelt es sich um das Gesetz der Reziprozität. Nimmst Du eine Leistung oder etwas Materielles an, entsteht eine Schuld. Um diese zu vergelten, gibst Du Deinem Gegenüber etwas Gleichwertiges zurück. Dieses Prinzip funktioniert weltweit und beeinflusste maßgeblich die Entwicklung der Menschheit. Dabei beherrscht diese Gegenseitigkeit die Wirtschaft ebenso wie den Alltag.

Reziprozität und Altruismus – wo liegt der Unterschied?

Das Prinzip des Gebens und Nehmens zieht sich von Kindesbeinen an durch unser Leben. Beispielsweise erhalten Kinder für gutes Betragen eine Belohnung der Eltern. Andersherum bekommen diese die Liebe Ihres Nachwuchses, weil sie ihm Aufmerksamkeit und Fürsorge bieten.

Dementsprechend prägt die Reziprozität die zwischenmenschlichen Beziehungen. Gibst Du Deinen Mitmenschen etwas, ohne eine materielle oder emotionale Gegenleistung zu erwarten, nennt sich dies Altruismus.

In der griechischen Philosophie stellt er einen wesentlichen Faktor der geistigen Reife dar. Jedoch funktioniert er im Alltag kaum. Durch bedingungsloses Geben besteht die Gefahr, dass Deine Mitmenschen Dich ausnutzen.

Verlangst Du für all Deine Gaben eine Gegenleistung, hinterlässt dies in Deiner Umgebung ebenfalls einen negativen Eindruck. Aus dem Grund erhält das Gleichgewicht zwischen Reziprozität und Altruismus einen hohen Wert.

Geben ohne Nehmen – funktioniert das?

Ein zu 100 Prozent altruistischer Mensch neigt zur Selbstzerstörung. Bei ihm besteht das Risiko, die eigenen Bedürfnisse zu ignorieren, was zur Selbstaufgabe führt. Mit einer vernünftigen Portion Egoismus erhältst Du Deine Gesundheit und Deinen Wohlstand.

Demnach besteht in komplettem Altruismus keine Lösung. Jedoch lohnt sich das Prinzip: „Gib ein bisschen mehr als Du nimmst“.

Um Deinen Mitmenschen zu helfen, brauchst Du nicht auf Deinen Lebensstandard zu verzichten. Es genügt, wenn Du von dem, was Du bekommst, ein wenig an Bedürftige abgibst.

Das geschieht beispielsweise mit Geld- oder Sachspenden an wohltätige Vereine. Ebenfalls stellen kleine Geschenke für Deine Lieben ein Geben ohne die Absicht des Nehmens dar. Zudem existieren im Alltag leichte Formen des Altruismus. Beispielsweise verzichtest Du auf Deine Bequemlichkeit oder Komfort, wenn:

  • Du älteren Menschen Deinen Platz anbietest,
  • Du armen Menschen einen Teil Deines Vermögens schenkst,
  • Du Versehrten Deinen Platz in einer Schlange anbietest,
  • Du traurige Mitmenschen mit einer Überraschung aufheiterst.

Im engen Sinne erhältst Du für Deine Aufmerksamkeit keinen direkten Gegenwert. Hierbei besteht das Geben und Nehmen darin, dass Du für Deine Gutherzigkeit das Glück Deiner Mitmenschen erhältst.

Dank löst in Deinem Inneren ein Wohlgefühl aus, geht in der Regel nicht mit einer Schuld einher.

So funktioniert das Prinzip der Gegenseitigkeit

Die Grundlage der Reziprozität besteht darin, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Erhältst Du von einer Person einen Dienst oder einen materiellen Wert, dankst Du ihr dafür. Durch den direkten Dank für einen Warenwert entsteht ein Schuldverhältnis. In der Wirtschaft tilgst Du dieses mit finanziellen Mitteln. Bei Deinen Freunden führt der Dank beispielsweise zur Verpflichtung eines Gefallens. Demnach bedeutet das Prinzip des Gebens und Nehmens, dass keine Leistung unbeantwortet bleibt.

Um die Reziprozität besser zu verstehen, lohnt ein Blick in die Vergangenheit. Bereits in der Frühgeschichte des Menschen herrschte das Prinzip der Gegenseitigkeit. Beispielsweise lehrten die harten Lebensumstände die Urmenschen die Notwendigkeit des Teilens. Gegenseitige Hilfe und Unterstützung sorgten für das Überleben der Gruppe. Durch die Solidarität eines Stammesmitglieds entstanden Vorteile für die gesamte Sippe, indem einer:

  1. sein Wissen weitergab,
  2. Werkzeuge herstellte und verteilte,
  3. nach Nahrung suchte,
  4. einen Unterschlupf fertigte.

Für sein Geben erhielt das jeweilige Stammesmitglied die Anerkennung seiner Mitmenschen. Gleichzeitig machte der Erfolg beim Überleben klar, dass das Prinzip der Gegenseitigkeit einen hohen Nutzen aufweist. Das Wissen um die Relevanz des Gebens und Nehmens verbreitete sich bis in die Gegenwart.

Dies führt dazu, dass wir bereits im Kindesalter einen „Schuldsinn“ entwickeln.

Viele Menschen versuchen, eine Schuld schnell und „mit Zinsen“ zurückzuzahlen. Dadurch lösen sie das Schuldverhältnis und bleiben ihrer Umgebung positiv in Erinnerung.

Stolz und Zufriedenheit als Belohnung für das Geben

Einige Menschen verlangen für einen Gefallen keine Wiedergutmachung. Das bedeutet nicht, dass es sich um Altruisten handelt. Die betreffenden Personen wünschen sich lediglich eine andere Art des Schuldenausgleichs.

Beispielsweise erwarten sie den wiederholten Dank ihres Gegenübers. Das Gefühl einer guten Tat löst in vielen Personen Zufriedenheit und Stolz aus. Oft berichten sie Mitmenschen von ihrem Tun, um zusätzliche Anerkennung zu erhalten. In dem Fall besteht das Prinzip des Gebens und Nehmens auf emotionaler Ebene.

Viele Menschen vertreten auch in der Gegenwart die Überzeugung, eine überirdische Macht entlohne gute Taten. Beispielsweise glauben sie an Gott oder Karma. Sie verlangen für ihre Leistungen keine irdischen Güter.

Dennoch verzichten sie nicht auf das Prinzip der Gegenseitigkeit. Das andere Extrem besteht in Personen, die aus der Reziprozität Profit zu schlagen versuchen. Diese Menschen nutzen den angeborenen Schuldsinn, um sich Vorteile zu verschaffen.

Diese Form des Gebens und Nehmens gründet sich auf dem Grundsatz: „Ich handele nur für eine Gegenleistung“. Bei ihnen kommt es oft zum Ausnutzen der Reziprozität. Auf diese Weise entsteht eine induzierte Gegenseitigkeit.

Entsprechende Personen bieten beispielsweise ihre Hilfe an, um nachträglich einen Gefallen einzufordern. In ihrer Umgebung droht aufgrund dieses Verhaltens Ablehnung.

Die induzierte Gegenseitigkeit begegnet uns beispielsweise bei Spendengesuchen. Die Spendensammler reichen Passanten Blumen oder kleine Präsente. Daraufhin bitten sie um eine Sachspende für ihre Organisation. Durch das vorausgehende Geschenk fühlen sich die Gefragten verpflichtet, einen finanziellen Beitrag zu leisten. Verweigern sie die Spende, fürchten sie um ihr Ansehen.

Reziprozität lässt sich leicht ausnutzen

Die vorangegangenen Beispiele beweisen, dass es leicht fällt, das Prinzip der Gegenseitigkeit zum eigenen Vorteil zu verwenden. Im Marketing kommt es tagtäglich zum Einsatz. Vorwiegend herrscht die Devise: „Freundlichkeit zahlt sich aus“. Demnach bemühen sich Dienstleister um ein freundliches und zuvorkommendes Verhalten.

Neben ihrem eigentlichen Lohn erhalten sie dafür Trinkgelder oder kleine Aufmerksamkeiten. Doch solltest Du bedenken, dass der Schuldsinn schnell seine Grenzen erreicht. Fühlt sich Dein Gegenüber ausgenutzt, vermeidet es weiteren geschäftlichen oder privaten Kontakt.